Wohnst du noch oder arbeitest du schon?
Eine Wohnung mieten, die auch gewerblich genutzt werden darf und ein Büro daraus machen. Was für viele Startups und kleine Unternehmen bisher nicht ungewöhnlich war, ist nun auch in unser Privatleben eingekehrt. Wir teilen uns unsere Wohnungen mit verschiedenen neuen Mitbewohner*innen, wie dem zweiten Bildschirm, dem ergonomischen Stuhl und den noise-cancelling Kopfhörern, um die Geräusche der conference calls unser Liebsten aus dem Nebenzimmer auszublenden.
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Manche von uns bestreiten ihren Arbeitsalltag nun schon seit fast einem Jahr im Homeoffice. Tipps für den Umgang mit der heimischen Arbeitssituation gibt es mindestens genauso lange.
Wir haben die Homeoffice-Charakteristika nun einer Analyse in Sachen Vor- und Nachteile unterzogen:
Setting
Das Homeoffice ist seit dem letzten Jahr elementarer Bestandteil der Arbeitswelt. Insbesondere durch die Ermöglichung des Austauschen, trotz örtlicher Grenzen und der momentan wohl wichtigsten Tatsache, dem Schutz unserer Gesundheit, ist das Homeoffice unumgänglich geworden. Weitere Vorteile liegt in den wegfallenden langen Arbeitswegen sowie in der Möglichkeit, auch mit internationalen Partner*innen stets in Kontakt zu bleiben. Derzeit befinden sich alle in ihrem privaten Wohnraum, kaum jemand ist auf einer Dienstreise oder gar im Urlaub. Das erlaubt uns eine ganz neue Art des kollaborativen Arbeitens, bringt aber auch einige Nachteile mit sich.
Ein großes Manko des Homeoffice, zumindest am Beginn der Pandemie letzten März, ist das mangelnde Equipment. Sowohl auf Seiten der Arbeitgeber*innen, als auch auf jener der Arbeitnehmer*innen war rasche Umstellung gefragt. Schnelles WLAN, gute Headphones oder ein privater Drucker waren da oft Mangelware. Wozu auch, hatte man doch alles im Büro.
Ein Jahr später sieht das Urteil nun ganz anders aus: Berufstätige haben sich mit der Arbeitssituation angefreundet und wollen in Zukunft zumindest die Möglichkeit zur Arbeit aus den eigenen vier Wänden beibehalten. Ein derartiges Hybridmodell wird sich auf lange Sicht wohl durchsetzen, wenn man Umfrageergebnisse von Arbeitnehmer*innen in Großbritannien berücksichtigt, von denen fast 50% ihren Job aufgeben würden, wenn die Option des Homeoffice nach der Pandemie eingestellt wird. In Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild: 80% der arbeitenden Bevölkerung erwartet nach der Rückkehr in die Normalität weiterhin ein Homeoffice-Angebot im Job.
Arbeitsleistung
»Hast du einen Moment?« Fragen wie diese sind der Klassiker für Unterbrechungen der Schaffensprozesse im Büro. Vorgesetzte wollen etwas abklären, Kolleg*innen haben eine Frage oder der abteilungseigene Kopierer spielt wieder verrückt. Komplette Abschottung gelingt im Office nur selten, das Erreichen eines Tunnels ebensowenig.
// Tunnel: (auch Flow genannt) Zustand völliger Konzentration bzw. Eintauchen in eine Tätigkeit, die sich wie von selbst erledigt
Das Homeoffice bietet also die ideale Ausgangssituation für den Tunnel, richtig? Ja, vorausgesetzt man lebt alleine, hat weder Kinder, noch tierische Kinder und am besten sehr ruhige Nachbar*innen. Sonst treten auch Zuhause Situationen wie diese auf. Da klingen sie dann eher so: »Mamaaaaaa Hungeeeeer«, »Papa, komm schnell!«, »Schau mal auf den Putzplan, du bist mit Staubsaugen dran!« oder ein schlichtes »Miau.«, das übersetzt so viel bedeutet wie »Bediene mich, Mensch!«.
Teambuilding
Auch in Bezug auf das Teambuilding zeigen sich im Homeoffice unterschiedliche Vorzüge und Defizite. Der deutliche Vorteil des Teambuildings in der Blütezeit des Homeoffice liegt in der Tatsache, dass virtuelle Events nicht lange im Vorhinein geplant werden müssen und keinen großen Aufwand voraussetzen. Austauschprozesse können abteilungsübergreifend und über alle Grenzen hinweg stattfinden. Kaffeekränzchen gibt es nicht mehr nur mit wenigen Personen in der viel zu kleinen Büroküche, sondern mit dem ganzen Team im virtuellen Raum. Diesbezüglich sind wir auf verschiedenste Möglichkeiten gestoßen. Angefangen von einem „gemeinsamen“ Mittagessen bei dem alle eine Lieferservice-Pizza erhalten, bis hin zu virtuellen Team Challenges bleiben keine Wünsche offen.
Trotz aller Nutzungsvarianten des technischen Fortschritts muss gesagt werden, dass reale Sozialkontakte nicht einfach ersetzt werden können. Gewisse Verbindungen kann man nur herstellen, wenn man sich physisch zur selben Zeit am selben Ort befindet. Da bei uns das Glas aber immer halbvoll ist, fügen wir hinzu: Es gibt eine Zeit nach der Pandemie, in der wir getrost in unsere Büros zurückkehren können und gleichzeitig den Umgang mit Homeoffice-Phasen perfektioniert haben. Best of both worlds sozusagen.
Stimmung
Grundsätzlich ist die Stimmung gegenüber dem Von-Zuhause-arbeiten also gut. Die Flexibilität, die durch das Homeoffice geschaffen wird, ist mit dem traditionellen Arbeitskontext nicht zu vergleichen. In einer Zeit der stetigen Ungewissheit ist vielen Unternehmen klar geworden, dass es nicht darauf ankommt die Stunden zu füllen, sondern die offen stehenden Aufgaben effizient umzusetzen. Das allgemeine Denken geht weg vom 9-to-5-Modell, hin zu einem agilen Ansatz in dem es vorrangig darum geht, geplante Leistungen ökonomisch zu erbringen und aktives Selbstmanagement zu betreiben. Am einfachsten fällt dies natürlich in Unternehmen mit bereits geltenden Gleitzeit-Bestimmungen.
Demgegenüber bietet der Leistungsgedanke viel Potential für ein negatives Empfinden der agilen Arbeitssituationen. So wie im normalen Büroalltag auch, kommt es Zuhause zu Leerläufen. Es fehlt Feedback, Kolleg*innen sind gerade nicht erreichbar oder die grauen Zellen sind durch die Ereignisse der letzten Monate manchmal einfach erschöpft. Am Ende des Arbeitstages hat man gegenüber den Vorgesetzten dennoch Ablieferungsdruck. Im Office wären diese Überbrückungsphasen vielleicht nicht so aufgefallen, da eine ausgedehnte Mittagspause oder ein kurzer Plausch mit den Mitarbeitenden zur Kultur gehören.
Negativ ist Positiv
Zusammenfassend wird in Punkto Homeoffice deutlich, dass sich Negatives schnell zu Positivem wenden kann. Remote work und agile Arbeitsmodelle sind im 21. Jahrhundert angekommen und zählen nun zur Normalität. Wäre die Pandemie nicht zum globalen Problem geworden, hätte sich diese Art der Zusammenarbeit nur schleppend durchgesetzt. Eine Krise ist demnach nicht nur schlecht. Im Gegenteil, sie hat uns gezwungen umzudenken. Ein Schritt, von dem wir langfristig garantiert profitieren werden. Besonders in den kreativen Berufen bringt ein Perspektiven- bzw. Location-Wechsel oft die zündende Idee für eine neue Schaffung.
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